Als LEC-Rookie, der sich den Spitznamen „GodGilius“ erspielt hat, ist Schalke 04s Jungler Erberk „Gilius“ zu einem der besten Akteure der Liga gereift. Lies mehr über seinen Weg nach ganz oben in Jack Stewarts Spielerporträt.
Obwohl er nie ein LEC Playoff-Finale gespielt hat, ist Erberk „Gilius“ Demir ein Name, mit dem einige Generationen von League of Legends Fans bestens vertraut sind.
Sein Stil ist so laut und direkt wie seine Persönlichkeit abseits des Spiels. Von seinen gewagten und kreativen Spielzügen bis hin zu seiner Offenheit in den sozialen Medien verkörpert „Gilius“ das Motto von Schalke wie kein Zweiter: „Null Fear“.
In Woche 2 erspielte sich Schalke einen bitter nötigen Sieg gegen SK Gaming, und im Interview nach dem Spiel fand „Gilius“ gleich harte Worte gegen seinen Kontrahenten Kristian „TynX“ Østergaard, dem er vorwarf Dr Mundo ausgewählt zu haben – der Champion sei gerade einmal gut genug für eine Reddit-Montage.
Und mit Reddit kennt „Gilius“ selbst sich bestens aus. Sein wilder, aggressiver Stil macht ihn anfällig für katastrophale Fehler, was ihm im Laufe seiner Karriere haufenweise Kritik eingebracht hat.
Das bekannte Zitat aus The Dark Knight lautet: „Man stirbt al Held oder lebt solange, bis man der Böse ist.“ Doch was auf Batman zutreffen mag, gilt für „Gillius“ noch lange nicht. Er hat sich allmählich zu einem beliebten Underdog entwickelt, der einfach nicht aufgeben will.
Die Community gab ihm den sarkastischen Spitznamen „GodGillius“, um sich so über sein ruppiges Selbstbewusstsein und seine regelmäßig auftretenden waghalsigen Manöver lustig zu machen. Doch durch reine Willenskraft hat „Gillius“ dieses Meme dank seiner kolossalen Leistungen für Schalke in im vergangenen Jahr in etwas Positives verwandelt.
Wer letztes Jahr auch nur ein bisschen LoL E-Sports gesehen hat, weiß höchstwahrscheinlich alles über den sogenannten Schalker „Miracle Run“, der die europäische Szene im Mark erschütterte. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten schien Schalkes Saison jäh zu enden, doch durch die Einwechslung von „Gillius“ verwandelte das Team wie von Zauberhand in einen Playoff-Anwärter.
Wenn er schon zu solchen Wundern fähig ist, sollte man denken, „Gillius“ hätte schon einiges in seiner bald sieben Jahre währenden Karriere erreicht. Doch für ihn hieß es bisher nur zu oft: „Knapp daneben ist auch vorbei.“ „Gillius“ stand schon oft kurz vor dem Triumph, verpasste die großen Siege dann jedoch immer wieder um ein Haar.
Die bisherige Karriere des 24-jährigen Junglers war eine regelrechte Achterbahnfahrt, die ständig von Rückschlägen geplagt war, doch auch die konnten „Gillius“ nicht aufhalten. Auf dem Zenit seiner Karriere ist dies nun die perfekte Chance für „Gillius“, seine Zweifler verstummen zu lassen und in die LoL World Championships aufzusteigen.
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Obwohl sich „Gillius“ bisher noch nicht offiziell für ein Worlds-Turnier qualifizieren konnte, hat er bereits einen Vorgeschmack darauf bekommen, wie es ist, in einem solchen mitzuspielen.
„Gillius“ begann seine Wettkampfkarriere 2014, als er mit SK Gaming Prime und Unicorns of Love (UoL) an der European Challenger Serie teilnahm. Nachdem er bei UoL beeindruckt und bei SK Kontakte geknüpft hatte, gipfelte seine Debütsaison als Profi in der Chance seines Lebens.
Das Hauptteam von SK Gaming hatte sich für die Worlds qualifiziert, doch der Weg zum internationalen Titel wurde ihnen erschwert, als Jungler Dennis „Svenskeren“ Johnsen für die ersten drei Spiele des Turniers gesperrt wurde. Jedes Team musste einen Ersatzspieler aufstellen, und wie der Zufall es gerade wollte, befand sich „Gilius“ schon mit dem Team in Taiwan.
Er hatte jedoch noch nie höher als die Challenger Series gespielt, und so war diese Herausforderung eine zu viel für den Rookie. SK gewann keines der Spiele, in denen „Gilius“ für sie antrat. Trotzdem war dies ohne Zweifel eine wertvolle Erfahrung, durch die der hoch gehandelte Newcomer seiner Karriere Auftrieb geben konnte.
Doch es gab ein riesiges Hindernis. Und zwar ein Rivale, mit dem sich „Gilius“ schon öfter herumschlagen musste: Mateusz „Kikis“ Szkudlarek. Der polnische Jungler hat „Gilius“ bereits vier Mal ersetzt.
Es ist zwar nur ein erstaunlicher Zufall und mittlerweile ein Running Gag in der Community, doch immer, wenn „Gilius“ durch Kikis ersetzt wurde, waren dies bemerkenswerte Momente in der Karriere des Deutschen. „Gilius“ verhalf sowohl UoL 2014 als auch Gamers2 (G2) 2015 zum Aufstieg (oder zumindest zu einer Chance auf den Aufstieg), wurde aber jeweils durch Kikis ersetzt, bevor er die Früchte seiner Arbeit ernten konnte.
Den bittersüßesten Moment seiner Karriere erlebte „Gilius“ jedoch 2018 mit Team Vitality. Neben drei weiteren Neulingen spielte „Gilius“ ein phänomenales Jahr. Er terrorisierte den Rest der Liga im frühen Spiel und verhalf dem Team zum Ende der Woche 4 auf die Spitzenposition mit einer atemberaubenden Bilanz von 7:1 Siegen.
Durch seine Aggression konnten sich junge Talente wie Daniele „Jiizuke“ di Mauro entfalten und die besten Teams der Region herausfordern, bis Vitality schließlich in der regulären Saison und den Playoffs auf einem respektablen vierten Platz landete.
Im Sommer ging es für Vitality jedoch den Bach runter, und in Woche 6 wurde „Gilius“ ein letztes Mal durch Kikis ersetzt. Dieser Schachzug sollte sich bezahlt machen, denn Vitality qualifizierte sich als an Nummer zwei gesetzter europäischer Starter für die World Championships, während „Gilius“ nur ein Platz auf dem heimischen Sofa blieb.
Schon damals war „Gilius“ dem Einzug in die Worlds so nahe gewesen, doch mit Schalke sollte er diesem Erfolg noch näherkommen.
Der Miracle Man
Schalkes Saison 2020 war eine, an die sich LEC-Fans noch lange erinnern werden. Nach sechs Niederlagen in Folge zum Auftakt setzte das Team sowohl Konstantinos-Napoleon „FORG1VEN“ Tzortziou und „Gilius“ auf die Bank, der dann ins Academy-Team versetzt wurde.
Wie so oft ging „Gilius“ auch mit diesem Rückschlag souverän um. Später verriet er in Schalkes Doku „Against All Odds“, dass er die Versetzung als Chance nahm: „Klar war ich da erst mal sehr traurig, aber ich sah das auch als Chance, mich aus den niederen Ligen wieder hochzuspielen. Ich habe versucht, es positiv zu sehen, als eine Auszeit von der LEC, um stärker zurückzukehren. So sah ich das.“
Und noch im selben Jahr bekam er beim Summer Split eine zweite Chance. Schalke stand wieder bei 0:6 Siegen, und Lukas „Lurox“ Thoma wurde vor dem zwiten Spiel der Woche 3 krank. „Gilius“ wurde zurückberufen und gab den Platz dann nicht wieder her.
„Der Typ spielte plötzlich so gut“, sagte sein ehemaliger Mitspieler Andrei „Odoamne“ Pascu während der Saison-Doku.
„Im Frühjahr wurde er ausgetauscht, weil er vieles auf eigene Faust unternahm. Das fiel den Leuten auf, und so wurde er erwischt und starb deswegen häufig. Doch jetzt hat er diese Probleme gewissermaßen behoben. Er will immer noch Solo-Plays machen und sagt dann auch: 'Ich will das machen', aber dann schreien ihn alle an: 'Nein, nein, nein, das geht gar nicht', und er hört auf sie.“
„Der Aspekt seines Spiels ist also jetzt viel aufgeräumter, und das fühlt sich richtig gut an. Es fühlte sich an, als sei er ein Druckpunkt anstatt nur jemand, den man mit durchschleppt, damit er Sachen für dich erledigt.“
Als „Gilius“ lernte, aus seiner Aggression eine Waffe zu machen, erzielte Schalke die ersten Erfolge, aber eine Playoff-Teilnahme lag nach wie vor in weiter Ferne. Nach Woche 5 stand das Team bei mickrigen 1:10 Siegen, legte dann aber eine Siegesserie von vier Spielen hin, darunter ein Überraschungserfolg gegen G2 Esports, und konnte so vor den letzten drei Spielen eine Bilanz von 5:10 aufweisen.
Zu dem Zeitpunkt lag die Wahrscheinlichkeit einer Playoff-Teilnahme noch immer nur bei 4 Prozent, doch das tat „Gilius'“ Motivation keinen Abbruch. Im Interview nach einem Spiel lobte Coach Dylan Falco die „positive Energie“, die der Jungler dem Team für alle sichtbar eingeimpft hatte und mit der der Deutsche bei jedem Sieg aus von seinem Stuhl sprang.
Schalke triumphierte über Fnatic und MAD Lions und buchte mit diesen sieben Siegen in Folge einen Platz unter den ersten sechs Teams. Und es stand außer Zweifel, dass „Gilius“ einen großen Anteil an dieser Wende gehabt hatte. Trotz sechs verpasster Spiele verzeichnete er den höchsten Kill Share (27 %) und die zweitmeisten Kills (48) aller Jungler in diesem LEC-Split.
Nach einem lockeren Sieg gegen SK trennte Schalke nur noch eine Best-of-Five-Serie von der Worlds-Qualifikation. Doch dann brach das Team zusammen. „Gilius“ und seine Mitspieler begangen untypische Fehler, die sie um ihren Lohn brachten. Schalkes Spieler fühlten sich, als hätten sie diese Serie unter Kontrolle, und verloren 3:1 gegen MAD – ein tragisches Ende einer wirklich bemerkenswerten Saison.
Die Niederlage brachte dem Team das Herz, hatte es doch so aufopferungsvoll gekämpft, doch „Gilius“ ließ sich davon nicht abschrecken. In der Doku sagte er, dass dies seine erste Best-of-Five-Serie auf Top-Niveau seit dem Frühjahr 2018 gewesen war, und dass er eben aus der Niederlage lernen und weitermachen würde.
Und damit sind wir in der Gegenwart angekommen: „Gilius“ hat bei Schalke einen neuen Vertrag unterschrieben und spielt nun mit zwei talentierten Neuverpflichtungen an seiner Seite, Tp-laner Sergen „Broken Blade“ Celik und Support Dino „LIMIT“ Tot.
Abgesehen von Astralis, die ihr Debüt geben, ist Schalke eins von nur zwei LEC-Teams, die nie an Worlds teilgenommen haben. Bei dem anderen handelt es sich um Excel Esports, die noch auf ihre Playoff-Premiere warten.
Die Liga ist mit Talent nur so gespickt, und der lange und anstrengende Weg zu den Worlds hat es wirklich in sich. Doch nach einem weiteren Überraschungssieg gegen G2 diese Saison haben sich „Gilius“ und Schalke in eine hervorragende Ausgangslage gebracht, um bis zu den Worlds vorzustoßen.
Die Auftritte des Junglers werden seinem „God“-Spitznamen gerecht, und nun ist es an der Zeit, dass „Gilius“ die letzte Stufe der Treppe in den Worlds-Himmel nimmt